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Kaspar (oder Sprechfolterung) | Peter Handke
Kaspar (oder Sprechfolterung) | Peter Handke
9. Dezember 2021 - 10. Dezember 2021
Karten und Anticovid-Maßnahmen: teatropalladium.uniroma3.it /biglietti ; tel. 350 0119692
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Erstmals wird in Rom das Stück „Kaspar“ des österreichischen Literaturnobelpreisträgers 2019, Peter Handke, aufgeführt, inszeniert von Werner Waas und Lea Barletti.
„Das Stück Kaspar zeigt nicht, wie ES WIRKLICH IST oder WIRKLICH WAR mit Kaspar Hauser. Es zeigt, was MÖGLICH IST mit jemandem. Es zeigt, wie jemand durch Sprechen zum Sperchen gebracht werden kann. Das Stück könnte auch ,Sprechfolterung‘ heißen.“ (Peter Handke)
mit Lea Barletti und Werner Waas
Regie/Produktion von Barletti/Waas
mit der Unterstütung von ItzBerlin e.V.
und Mitwirkung von Iacopo Fulgi und Harald Wissler
(auf Deutsch mit italienischen Untertiteln, 1h30 ohne Pause)
Teatro Palladium: https://teatropalladium.uniroma3.it/events/categoria/teatro/
Der Text
Kaspar ist Peter Handkes Rezeption der rätselhaften Begebenheiten rund um Kaspar Hauser. Die von Kaspar beständig wiederholte Phrase „Ich möcht ein solcher werden wie einmal ein andrer gewesen ist“ als Ausgangspunkt nehmend, wird das Stück zu einem Experiment, das zeigt, wie ein „leeres“ menschliches Bewusstsein durch das Einpauken konventioneller sprachlicher Formeln angefüllt und also gewaltsam gefügig gemacht werden kann. Eine Stimme aus dem Off unterzieht Kaspar einer wahrhaftigen „Sprechfolterung“, bis dieser sich schließlich der Sprache bemächtigt und beginnt, sich aufzulehnen. An diesem Punkt verkompliziert sich das Spiel, es lässt sich nicht mehr eindeutig sagen, von wem es gelenkt wird.
Zur Inszenierung
Ist es möglich, einen Menschen durch die Sprache zur Identität zur führen? Oder, wie Handke sagt, durch eine „Sprechfolterung“? Anfangs ist Kaspar eine Art autistisches Wesen, das in unmittelbarer und unbegrenzter Beziehung zu allem steht, was es umgibt. Zum Ende des Stückes ist Kaspar in die Realität überführt, im Bewusstsein dessen, was er auf dem Weg verloren hat.
Die Geschichte von Kaspar ist unser aller Geschichte, die Geschichte, aus der sich all das ableitet, was wir Bewusstsein nennen. Gefühle und Worte entsprechen einander nicht, man kann der Sprache nicht trauen. Das Einzige, was zu tun übrig bleibt, ist es, ausgehend von der eigenen Befremdung, weiter zu hinterfragen, um schließlich zu erkennen, dass es keine eindeutigen Antworten geben kann. Das Stück zeigt, wie jemand durch die Sprache selbst zur Sprache hingeleitet werden kann. Am Ende finden wir uns wieder, alle gleich und einander viel näher, als wir dachten.
Wir sind alle Kaspar- man muss nur beginnen, zuzuhören, oder- wie Kaspar sagt: „Ich:Bin:Nur:Zufällig:Ich“
Biografie der Künstler
Lea Barletti und Werner Waas lernten sich vor vielen Jahren in Rom kennen. Seit damals leben und arbeiten die beiden gemeinsam, zuerst in Rom, dann in München, schließlich in Lecce und zurzeit in Berlin. Gemeinsam arbeiteten sie an einer großen Zahl von Stücken, in Produktion, Regie und Schauspiel, gründeten eine Theaterkompanie (Induma Teatro), waren MitbegründerInnen eines multidisziplinären Kulturzentrums („Manifatture Knos“, in Lecce, bis heute aktiv, wenn auch mittlerweile ohne Barletti und Waas), organisierten sieben Ausgaben (von 2008 bis 2015) des Festivals/Laboratoriums der darstellenden Künste „K-now!“ (ebenfalls in Lecce), schufen einen nationalen Preis für zeitgenössische Dramaturgie („Il Centro del discorso“, drei Ausgaben von 2008-2011), gründeten eine weitere Kompanie (Barletti/Waas), mit der sie zur Zeit zwischen Deutschland und Italien reisen und arbeiten, und schufen während der Jahre noch vieles mehr, unter anderem zwei Söhne (Rocco und Tobia).
Einige ihrer Arbeiten: „Dulce Est“ von H. Achternbusch (Rom, 2005), „Corboy Mouth“ von S. Shepard (Lecce, 2006), „Tra un’ora e 12 minuti“ von L. Norén (Lecce, 2008), „Anarchie in Bayern“ von R.W. Fassbinder (Lecce, 2009), „Selbstbezichtigung“ von P. Handke (Rom/Berlin, 2013), „Traurigkeit & Melancholie“ von B. Park (Rom, 2015), „Kaspar“ von P. Handke (Berlin, 2017), „Monologo della buona madre“ von L. Barletti (Lecce, 2018), „Natura morta con attori“ von Fabrizio Sinisi (Berlino, 2019)