LA SCIA SOTTILE DI SANTA CATERINA D’ALESSANDRIA SEQUENZA III | SEQUITUR_CALEIDOSCOPIA EXT.

©Nagl/Wintersberger/MONOCOLOR/Marian Essl

SEQUENZA III | Luciano Berio
per voce  (1965)
Salome Kammer, Gesang

«Die Stimme bringt immer einen Exzess an Konnotationen hervor, vom ärgsten Lärm bis zum feinsten Gesang. Die Stimme drückt immer etwas aus und verweist auf etwas anderes, sie schafft ein breites Feld an Assoziationen. In Sequenza III habe ich versucht, viele Aspekte der täglichen Stimmausdrucks musikalisch einzubeziehen, auch des ganz gewöhnlichen, ohne allerdings deswegen auf Zwischenformen und auf wirklichen Gesang zu verzichten. 

Salome Kammer © Christoph Hellhake

Sequenza III legt den Fokus auf den klanglichen Symbolismus der stimmlichen und manchmal visuellen Ausdrucksweisen, auf die „Bedeutungsschatten“, die sie begleiten, auf die Assoziationen und die Konflikte, die sie aufwerfen. Aus diesem Grund kann Sequenza III auch als Essay in musikalischer Dramaturgie interpretiert werden, deren Geschichte in gewissem Sinn in der Beziehung zwischen dem Interpreten und seiner eigenen Stimme betrachtet werden kann.“  (Luciano Berio) 
Sequenza III wurde 1965 für Cathy Berberian komponiert.

 

Ein kurzer Text von Markus Kutter für Sequenza III:

Give me a few words for a woman
to sing a truth allowing us
to build a house without worrying before night comes

 

SEQUITUR_CALEIDOSCOPIA EXT.
Tanzperformance mit Visuals und Live-Electronics

Andrea Nagl, Choreografie und Tanz
Monocolor (Marian Essl), Visuals
Rafał Zalech, Viola und Live-Elektronik
Karlheinz Essl, Komposition

Sequitur von Karlheinz Essl (komponiert 2008-10) ist ein 14-teiliger Zyklus für Soloinstrumente und Live-Elektronik. Er knüpft an die berühmten Sequenze von Luciano Berio an, wo einzelne Instrumente mit all ihren klanglichen Möglichkeiten virtuos in Szene gesetzt werden.

In seinem Werk erweitert Essl diesen Ansatz, in dem er Live-Elektronik und ein Solo-Instrument ins Spiel bringt: der auskomponierte Instrumentalteil wird vom Spieler bei der Aufführung live in ein eigens dafür geschaffenes Computerprogramm eingespielt, das wiederum einen von der Live-Interpretation abhängigen elektronischen Kontrapunkt generiert.

Der Instrumentalist tritt in unserem Fall dadurch in ein komplexes Beziehungsgefüge, als er selbst es ist, der den Computer bedient.

In gedanklicher und emotionaler Fortführung dieses Konzepts, agieren der Medienkünstler Marian Essl mit seinen Visualisationen zum Stück und Tänzerin Andrea Nagl.

Die vorliegende Version von Essls Sequitur IIIB und IVB (Sequitur_caleidoscopia ext.) aus dem Jahr 2019 von Andrea Nagl „komponiert“ bzw. choreographiert entstand, so Andrea Nagl, aus der inneren Notwendigkeit, ihr musikalisches Erleben bei der Rezeption neuer, atonaler Musik auf ihr Medium, den Tanz, und die Choreographie zu übertragen.

Daraus entstand ein Repertoire an getanzten Gesten und Artikulationen, das in die musikalische Struktur kaleidoskopartig eingeschrieben wird.

Der tanzende Körper agiert gleichsam als weitere Stimme oder Klangspur: Bewegung wird als Musik gedacht, Musik als Bewegung, beide verschränken sich zu einer plastischen Skulptur im Raum.

In Sequitur_caleidoscopia ext. entspricht das Verhältnis des tanzenden Körpers zur digitalen Verschiebung mittels graphischer Visualisationen jenem der der elektronischen Auffächerung der Viola durch die im Moment generierten Klänge aus dem Computer.

So entsteht ein Kaleidoskop aus akustischer und visueller Information. Bewegung, Klang und Bild schreiben sich in die gegenseitigen Zwischenräume ein, öffnen einander Freiräume der Kommunikation und erschaffen ein Ganzes, das weit mehr ist als die Summe seiner Einzelteile.

 

Biografien

Andrea Nagl
Geboren 1975 in Wien, arbeitet als freischaffende Tänzerin, Pädagogin und Choreografin in Wien. Somatic Researcher und Cranial Sacral Practitioner. Tanzausbildung mit Schwerpunkt zeitgenössischer Tanz in Wien, München, Köln, New York. Besonderer Fokus auf Zugänge von Release Techniken und somatischem Lernen. Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie der Theaterwissenschaft in Wien.
Unter anderem setzt sich Nagl intensiv mit dem Medium Video in für sie relevantem Kontext auseinander und beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Fragen um Natur-Zerstörung, Mensch-Lebewesen-Maschine, Erinnerung-Gehirn-Identität. Sie ist Tanzpädagogin für Profis und Laien sowie auf Trainingsplattformen.

Rafał Zalech
Geboren 1988 in Breslau, Polen. Er studierte Bratsche und Komposition an der Musikuniversität Wien, der Yale University (USA) und in Breslau.  Zalech arbeitet vor allem im Bereich der Neuen Musik mit namhaften Komponisten der Gegenwart. Als Komponist-Erfinder entwickelt er Sensortechniken für klassische Instrumente, mit dem Ziel einer künstlerischen Interaktion zwischen seinem Instrument und elektronischen Medien. Er tritt als Kammermusiker und Solist bei den weltweit wichtigsten Festivals für Neue Musik auf und ist Mitglied renommierter Orchester.

Marian Essl
Monocolor alias Marian Essl erforscht die Zusammenhänge zwischen Klang und Bild, sowie Licht und Raum, mit dem Ziel audio-visuelle Realitäten zu schaffen, die alle Sinne ansprechen.
Essl studierte Medientechnologie und Experimentelle Medienkünste, und absolviert derzeit das Studium für Medien- und digitale Kunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien.

Karlheinz Essl
Geboren 1960 in Wien, Studium der Musikwissenschaften und Kunstgeschichte an der Universität Wien sowie Komposition bei Friedrich Cerha und elektro-akustische Musik bei Dieter Kaufmann. Neben seiner Arbeit als Komponist, Medienkünstler, Elektronik-Performer und Kompositionslehrer an der Wiener Musikuniversität entwickelt Essl generative Kompositionssoftware, Improvisationskonzepte, Klanginstallationen, Performances sowie Internet-Projekte und tritt als Improvisator und Live-Performer mit selbstentwickelten computerbasierten Instrumenten auf.